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Leben & Reisen
Horst Walczok - seine Ansprache aus dem Jahre 2011



"Zunächst möchte ich all denen danken, die mich für diese Auszeichnung vorgeschlagen haben. Für mich, "als adoptierter Majorero", ist es eine große Ehre und ich nehme sie von ganzem Herzen an. Gestatten Sie mir, ein paar Worte zu sagen. Ich werde mich kurz fassen.
Als ich 1967 auf Fuerteventura ankam, fand ich eine gesunde, halbwilde Welt, d.h. noch nicht von Menschenhand verunreinigt. Es war ein einzigartiges Biotop für einen Mitteleuropäer wie mich. Die Bewohner der Insel lebten in Harmonie und im Einklang mit der Natur. Sie respektierten diese Natur, denn dies war ihr Leben, die Quelle ihres knappen Einkommens und damit ihres Lebensunterhalts.
Damals sah ich mich als eine Art Kooperationspartner, der den einheimischen Inselbewohnern zeigte, dass es neben der Arbeit auf dem Feld, mit Vieh oder auf See auch andere Einnahmequellen gab. Die ersten Kellner, die ersten Putzfrauen und Empfangsdamen, das gesamte Personal, welches für ein Hotel gebraucht wurde, haben seinerzeit von meinem Wissen gelernt.
Jahrhundertelang war es eine schmerzhafte Aufgabe, die große Natur zu nutzen. Wenn sie sich verweigerte und nein sagte, dann waren alle menschlichen Bemühungen umsonst. Die Bewohner dieses Landes waren sich bewusst, dass das Leben nur unter Beachtung der Natur und ihrer Gesetzmäßigkeiten möglich ist. Dagegen zu arbeiten war sinnlos. Die Natur bestimmte ihre Regeln und wollte von niemandem gezwungen werden, bis die Entwicklung von Wissenschaft, Industrie und Kommunikation Einzug hielten. Die Regeln wurden verdreht, verletzt und man raubte der Natur ihren magischen Charakter.
Dies war auch auf Fuerteventura der Fall.
Mit der Entwicklung des Tourismus verloren die Bewohner der Insel das Bewusstsein für ihre privilegierte Beziehung zu ihrer Umwelt und das Gleichgewicht zwischen Bevölkerung und ihrem Land begann geriet ins Wanken. Das zuerst kam das Geld, der Rest war egal. Ich persönlich erlebte eine brutale Veränderung. Dieser Wandel ging auf Kosten von Natur, Kultur und lokalen Traditionen. Die Arbeit in der Hotelbranche brachte schnelles, einfaches und sicheres Geld. Die Stunden wurden festgelegt und der Urlaub bezahlt.
Ich wollte – wie naiv von mir - diese schwindelerregende Entwicklung stoppen, aber meine Möglichkeiten waren sehr begrenzt. Dann kamen leider lange Jahre, in denen das Bewusstsein für den Wert unseres Natur- und Kulturerbes praktisch Null war. Es ging darum, zu wachsen und Geld zu verdienen. Der Rest war im zweitrangig. Es machte mich sehr glücklich zu sehen, als zu einem bestimmten Zeitpunkt das Bewusstsein für die verlorengegangenen Werte wieder auflebte: Die Insel als geographische Einheit, ihre natürliche Umgebung, ihre Menschen und ihre bescheidene Geschichte.
Wie auch immer, besser spät als nie. Wir alle, Einwohner und Touristen, Europäer und Afrikaner, sind Gäste derselben Insel, und ich werde nicht aufhören, diese Tatsache allen zu erklären. Respekt und Toleranz gegenüber unseren Mitmenschen, die Pflege der empfindlichen Insel-Natur und die Erhaltung unseres kulturellen Erbes ermöglichen es allen, gut zusammenzuleben. Wir müssen uns darüber im Klaren sein, dass hinter der Krise die kleine Krise eines jeden von uns als Individuen steht, nämlich in gewisser Weise eine Unfähigkeit, eigene Verantwortung in diesen bestimmten Zeiten zu übernehmen.
Wir müssen diese Haltung so schnell wie möglich ändern, denn nur so werden wir die Krise nicht nur überwinden, sondern auch einen Mehrwert daraus für zukünftige Generationen ziehen. Wenn wir die Strände, die riesigen Freiräume auf dieser Insel und die Einsamkeit, die Ruhe Fuerteventuras nicht bewahren, sind wir verloren. Wir müssen unser kulturelles Erbe bewahren. Ich bitte alle, ernsthaft darüber nachzudenken, genug der großspurigen Worte. Lasst uns daran arbeiten und das verteidigen, was uns einzigartig, attraktiv und beneidenswert in den Augen derer macht, die diese unsere schöne Insel besuchen."
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